Dort, wo der Regenbogen entspringt, dort ist der übergang zur
Welt der Geister. Und durch diesen übergang zogen sie - die
Regenbogenkrieger.
Er erreichte diese Welt genau an einer Stelle, wo die erste, gluckernde
Quelle aus einem schmalen Spalt hoch auf einem Bergmassiv entsprang. Er
stemmte seinen Rücken gegen seinen Bruder Gross, ritt auf ihm
einen immer wilderen Ritt, während er immer stärker
anschwoll. Der sickernde, rieselnde Körper der Quelle wurde zu
einem reißenden Fluß, in dessen mahlendem Strom seine
Gedanken, sein Willen und seine Seele vor Glück perlten; in einer
strahlenden Quelle von Farben im blasenwerfenden Wasser. " Ich bin
stark!" dachte Foss. " Ich habe dieser Welt viel zu geben." Gross trug
ihn auf seinen Schultern, die breit, schwer und hart waren, wie die
Knochen der Erde waren sie. Im nächsten Augenblick wirbelte er
hinaus in die klare Luft und setzte seinen Sturz zu Tal fort, in eine
Kaskade von Schaum gehüllt. " Ich bin frei!" rief Foss. " Ich bin
ein Wasserfall, eine Sintflut von Kraft - nichts kann mich
zähmen!" Für einen Augenblick vergaß er, warum er
zurückgekommen war, wollte bloß er selbst sein, ohne an
seine Umgebung zu denken. Dann tauchte er unter in den mahlenden Strom
am Grund des Tales und setzte seinen sich windenden Lauf zwischen den
Bergen in einem gesetzteren Tempo fort. " Ah, " seufzte Foss. " Es ist
so lange her."
Er neckte einen Hirsch, der sich von einem schlammigen Abhang in den
Strom geworfen hatte, in Foss hinein. Er riß ihn mit sich fort
und hielt ihn fest, bis er Angst in den Augen des Hirsches bemerkte und
ihn losließ. Der Hirsch war stark und gesund und schwamm ans Ufer
zurück, während sein Geweih einen gekrümmten Schatten
auf das Wasser warf. Die, die ihn aufgeschreckt hatten, drängten
nun vorwärts ans gegenüberliegende Ufer. Foss sah Schatten
zwischen den hängenden Zweigen der Weiden. Es waren Menschen.
Einer von ihnen zeigte über das Wasser, auf den Hirsch, der sich
ins niedrigere Wasser kämpfte. Sie hoben die schwarzen
Stöcke, die sie bei sich hatten und ließen Feuer und
stinkenden Rauch über den Fluß sprühen. " Menschen!"
dachte Foss. Er war schön gewesen, sein Traum, aber nun war er
vorbei. Er erhob sich aus seinem Flußbett, strömte mit
großer Kraft am Ufer lang und riß den Hirsch mit sich
davon. Er zog ihn mit sich und führte ihn weg, weil er
wünschte, daß der Hirsch leben sollte. Der kämpfte mit
allen Kräften dagegen an, weil er glaubte, er müßte
ertrinken. Weiter unten am Flußlauf spülte Foss ihn an die
lehmige Böschung, wo er etwas liegenblieb und sich erholte. Foss
betrachtete ihn vom Strom aus und Freude, ihn gerettet zu haben,
breitete sich in ihm aus. Es war ein wundervoller Gedanke, daß er
den Hirsch am Leben halten konnte. Während er dies dachte,
erinnerte er sich an Deer. Der Hirsch kam wieder auf die Beine und
sprang mit großen Sätzen auf die Böschung. Hier blieb
er stehen und betrachtete mit einem unergründlichen Blick den
Fluß. Er konnte es unmöglich wissen, dachte Foss. Aber
trotzdem sah es aus, als wüßte der Hirsch, daß er ihn
gerettet hatte. Dann hob er den Kopf mit dem großen Geweih und
witterte in der Luft. Im selben Augenblick zerriß ein
schneidender Knall die Stille und der Gestank aus den schwarzen
Stöcken trieb über das Wasser. Der Hirsch erstarrte eine
Sekunde und ohne das mindeste Geräusch glitt er die Böschung
hinunter, ein Blutstrahl kam aus seinem Hals.
Foss beobachtete dies wie gelähmt, während er dahinglitt und
sich am Ufer zur Rast legte. Gerade als der Lebenshauch den Körper
des Hirsches verließ, hörte er wieder Deers Schrei. " Aber
er sollte leben..." dachte Foss verwirrt, während er sich mit dem
Strom treiben ließ, hinunter durch das Tal. Er fühlte den
ersten Keim eines unbekannten, neuen Gefühls in seiner Seele
wachsen. Er pflügte weiter durch sein stetig tieferes und
breiteres Flußbett. Bald vergaß er die Sache mit dem
Hirsch, obwohl sie sich für immer in seine Erinnerung
einprägte. Flüße liefen in ihn hinein. Und mit jedem
Fluß wuchsen seine Kräfte. Er war jetzt schwerfälliger
- schwerfälliger und nicht mehr ganz so eifrig schäumend. Die
Trägheit in seinem Körper war so schwer, wie die Sintflut
selbst und er fühlte es und freute sich über seine eigene
enorme Stärke. Er wußte, daß er zu irgendeinem
Zeitpunkt seinen großen Bruder Ozean treffen würde, und er
dachte voller Freude an den Weg dorthin. Eines Abends näherte er
sich der ersten Stadt. Er beschloß, in seine Geistergestalt
zurückzukehren und suchte eine Stelle am Ufer, wo er an Land
kommen konnte. Er suchte sich einen Platz aus, an dem ein vom Wind
zerzauster Baum sich schwer über das Wasser lehnte. Die Wurzeln
dieses Baumes waren teilweise bloßgelegt, weil der Fluß
einen großen Teil des Ufers weggeschwemmt hatte. " Ich brauche
Platz," dachte Foss entschuldigend, während er den Baum
betrachtete.
Kurz über der Erde teilte sich der Stamm. Der eine ragte über
dem Ufer in den Himmel und trug die größere Krone. Der
andere Stamm krümmte sich in einer Kurve über den Fluß,
weil er dort nach oben hin Licht suchte, und er hatte eine kleinere
Krone. Es war, als ob dieser Baum selbst die Fähigkeit hatte, sich
am Leben zu halten, denn das Gewicht des einen Stammes hinderte den
anderen daran, in den Fluß zu stürzen. Foss studierte
nachdenklich den Versuch des Baumes, eine Balance zu finden, bis er auf
den krummen Stamm kletterte und sich mit über dem Wasser
hängenden Beinen zurechtsetzte. Der Mond ging am diesigen Himmel
über den Häusern auf, etwas weiter den Fluß hinunter.
Er warf einen bläulich, kalten Schein über die
gegenüberliegende Uferseite des Wasserspiegels. Er konnte sie
schwach riechen, die Stadt der Menschen. Er öffnete den Mund und
bemerkte ein leicht säuerliches Brennen auf der Zunge. Er
betrachtete sein Werk, den Fluß. Er strömte wie ein
glitzernder Silberstreifen im Schein des Mondes. Wenn der Tag graute
wollte er die letzte, kraftvolle Strecke bis zum Meer genießen.
Dort würde er seinen Bruder Ozean treffen. Er schloß die
Geisteraugen und ließ seine Gedanken im Dunklen suchen. Er suchte
nach einem Lebenszeichen von Deer. Zuerst fühlte er nichts
anderes, als das Bewußtsein seiner eigenen Existenz. Aber als er
zur Ruhe kam, steigerte sich seine Konzentrationsfähigkeit. Von
einer Stelle weiter unten am Flußlauf näherte sich ihm ihr
Schrei, wie eine beinahe unmerkliche Berührung. Foss erstarrte und
horchte mit all seinen Sinnen. Er hatte sich auf dem krummen Stamm
erhoben. " Deer!" Sein Ruf konnte nur von den Wesen seiner eigenen Welt
vernommen werden. Darauf sprang er von dem Ast ins Wasser. Er
ließ sich von dem dunklen Element verschlucken, verließ
seine Geistergestalt und wurde eins mit dem Fluß, seinem
physischen Körper. Er bewegte sich mit dem Strom, wurde ungeduldig
und hastete viele Male schneller als der Strom weiter, gegen den, der
der Welt dieses Elend gebracht hatte. Eine tiefe, polternde Stimme
sprach von einer Stelle weiter weg im dunklen Wasser zu ihm. Ein Teil
der Stimme sprach in einer Sprache zu ihm, die er nicht verstand. Einen
anderen Teil der Stimme erkannte er plötzlich überrascht
wieder - denn es war Tumors Stimme. Daraufhin näherte er sich ihm.
Seine Neugierde hätte sich in Vorsicht wandeln sollen. Aber es
geschah so schnell, daß er sich, bevor er darüber nachdenken
konnte, schon mittendrin befand. Sein ganzer gewaltiger Fluß, der
sein Werk allein und hauptsächlich sein Stolz war und den er
während tausend Generationen mit Mühe erschaffen hatte, der
so gewaltige Kräfte freisetzte, daß er ganze Abhänge
niederreißen und gewaltige, jahrhundertealte Bäume, die im
Weg waren, wegwaschen konnte - wurde nun so brutal und plötzlich
gestoppt, daß Foss erstarrte. Er wurde tiefer. Er breitete sich
in Schluchten und Landschaften aus, die er selbst nicht gewollt
hätte, zu bedecken. Die Fische, die ihm mit dem Strom gefolgt
waren, kamen nicht auf anderen Wegen fort, als dem, der ihnen zugedacht
war. Zum zweiten Mal wallte ein heftiges Gefühl in ihm auf. Eine
drohende Wut bemächtigte sich seiner Sinne und er warf seinen
Körper gegen eine Mauer, die seinen Weg versperrte. Die Wellen
erhoben sich meterhoch, während er versuchte, sie zu durchbrechen.
Aber er verlor seine Kräfte zu schnell, eben weil er so tief und
breit wie ein Binnenmeer geworden war. Als er wie rasend auf die Mauer
starrte, um herauszufinden und zu verstehen, woher sie kam und warum
sie da war, sah er auf der glitzernden Betonfläche den Abdruck von
Tumors Hand. Tumors Stimme drang aus dem Wasser zu ihm. Er sprach zu
ihm mit dem monotonen Lärm von Turbinen - nicht verhöhnend
oder herablassend, aber gebieterisch und bestimmt, ohne jedes
Gefühl für seinen Bruder, den Geist der Flüße. "
Nichts kann mich zähmen," brodelte Foss aus einem Wasserwirbel.
Aber er hatte schon begonnen, daran zu zweifeln. Da ertönte ein
schmetterndes Dröhnen, als würden schwere Pforten
geöffnet. Der Lärm zog über den Wasserspiegel, bevor er
ihn ergriff, und mit sich riß - tief hinunter unter die
Wasseroberfläche und über den Grund hinweg. Er scharrte
über Baumstümpfe hinweg, die Menschen überall an den
überschwemmten Böschungen hinterlassen hatten. Der Lärm
der Turbinen steigerte sich zu einem schrillen Kreischen, das sich in
seine Seele hämmerte und seine Fähigkeit zu handeln
lähmte. Er vermochte nicht mehr seinen eigenen Lauf zu steuern,
und hatte keine Kontrolle mehr über seine eigenen, bezwungenen
Kräfte. Er wurde durch drei große Rohrleitungen geleitet.
Mit sich führte er die Fische aus dem Fluß, und von diesen
hörte er wieder Deers Schrei. An einer Stelle in seinem Innern
fühlte er immer noch die großen Kräfte des
Flußes. Er fühlte sie und erkannte gleichzeitig, daß
sie ihm nicht länger helfen konnten. Dann wurde er brutal in die
Turbinen gezogen. Sie schrien ihn mit Tumors entnervender, schrillen
Stimme an - nahmen ihm die Kraft und mahlten seine Stärke aus
jedem einzelnen Tropfen, aus allem, was er war. Als für die
jammernden Maschinen kein Wille oder keine Ernergie von Wert mehr
vorhanden war, spuckten sie ihn durch die Öffnungen der
Rohrleitungen aus - hoch über dem Tal, auf der anderen Seite des
Dammes. Er wirbelte wie eine Wolke aus Schaum hinaus in die kalte,
klare Nachtluft, wo seine Schwester, die Geistfrau des Mondes, ihm
verzweifelt hinab ins Tal folgte. Nachdem Foss von Steinen in der
Strömung getroffen worden war, sank er hinunter, um in seinem
ursprünglichen Lauf auszuruhen, und floß entkräftet
weiter zu der Stelle, wo er wußte, daß Ozean auf ihn
wartete. Er war wieder ein kleiner Fluß geworden.
Wo er vorher sein Flußbett ausgefüllt hatte und die
höchsten Kanten der Ufer ausgewaschen hatte, bedeckte er hier nur
knapp die großen Steine, die am Grund des Flußes lagen. Er
horchte, aber hörte Deers Schrei nicht mehr. Und das berauschende
Gefühl einfach dazusein, fand seine Seele nicht mehr. Auf dieser
Strecke des Flußes war Deer tot. Die Fische trieben auf der
Wasseroberfläche an ihm vorbei, die meisten mit dem Bauch nach
oben. Das Schlimmste für sie alle war, daß sie in
Stücke gerissen waren, getroffen von den Stahlblättern der
Turbinen. Er konnte es schmecken, ihr Blut und ihre Galle. Sie trieben
als Aas ans Ufer, wo sie sich zwischen Steinen verkeilten, während
ein fauliger Gestank sich über dem Wasser ausbreitete. Ihm wurde
übel. Es kostete ihn große Anstrengung, sich nur in seine
Geistergestalt zu verwandeln und den entkräfteten Fluß zu
verlassen. Später, als er sich ans Ufer gesetzt hatte, um
auszuruhen, kam ein Geist durch das Gras auf ihn zugegangen. Er
wußte instinktiv, daß es Tumor war, weil nur Tumor diese
Aura von Unvorhersehbarem um sich hatte. Weiterhin strahlte Tumor eine
in Foss Augen eigentümliche Kraft aus, die eine reiche Variation
von Ausdrücken annehmen konnte. Er hatte jetzt, so wie er es immer
hatte, seit der Zeit, als der Geist der Menschen sich plötzlich in
ihren Kreis eingereiht hatte, ein starkes Gefühl der
Machtlosigkeit gegenüber allem, was Tumor betraf, und was er nicht
verstand, und er fühlte, sich nicht wehren zu können. Er
blieb ganz still sitzen, während Tumor sich näherte. " Sei
gegrüßt, mein Bruder Foss," sagte Tumor beiläufig. Ohne
besondere Einladung setzte er sich auf einen Stein neben Foss und
seufzte tief. Er ließ den einen Fuß über dem Wasser
hin - und herschaukeln, saß da und starrte nachdenklich auf ein
Spiegelbild, das er nicht fand. Foss betrachtete ihn aus den
Augenwinkeln. " Du siehst müde aus," bemerkte Tumor, ohne ihn
anzusehen. Aber seine Stimme klang besorgt. " Mein Fluß ist
müde," antwortete Foss mit einem Flüstern.Tumor sah auf den
Fluß hinaus. Sein Blick blieb am Damm in der Ferne hängen,
gleichzeitig breitete sich ein Lächeln über sein Gesicht. Es
war etwas hochmütiges in seiner ganzen Haltung, etwas, das Foss
bemerkte, aber nicht verstand. Tumor drehte ihm sein Gesicht mit einem
plötzlichen Ruck zu, und starrte ihn mißtrauisch an. " Wo
bist du gewesen?" fragte er. " Ich habe dich lange Zeit nicht gesehen."
Er sah ihn durchdringend an. " Hier und da," antwortete Foss
ausweichend. Er versuchte, Tumors festen Blick zu erwidern, aber im
Innersten fühlte er sich schwach beim Zusammentreffen mit Tumor.
" Und wo sind die anderen?" blieb Tumor bei mit zusammengekniffenen
Augen. " Hier und da," antwortete Foss wieder. " Hmm," murmelte Tumor.
Einen Augenblick sagte er gar nichts, saß da und sah aus, als ob
er über dieses oder jenes nachdachte. Dann wandte er sich wieder
an Foss.
" Ihr verheimlicht etwas vor mir." Er reckte das Kinn vor. " Aber ich
werde noch herausfinden, was es ist. " Er erhob sich und streckte seine
Geisterglieder. Da es nun den Anschein hatte, als wolle er gehen, sah
Foss zu ihm auf und sagte: " Was ist das für eine Mauer?" Er hatte
die Hand gehoben und zeigte auf den Damm in der Ferne. " Und wo ist
Deer?" Er hatte ein leichtes Zittern in der Stimme. Tumor bemerkte das
auch, und beobachtete ihn kurz. Darauf verzog er die Lippen zu einem
verschwiegenen Grinsen. Ohne zu antworten, drehte er sich um und
wanderte weg, hinein in den Wald. Foss blieb zurück und folgte ihm
mit den Augen. Sein ganzer Körper zitterte ungehemmt und in seinen
Geisteraugen, die die blubbernde, sprudelnde, aber auch blinde Hingabe
für das Leben um ihn herum auszudrücken pflegten, brannte ein
glühender, wahnsinniger Zorn auf den, den er im Gehölz
verschwinden sah. Irgendwann im Laufe der Nacht war seine Schwester,
die Geistfrau des Mondes, zu ihm gekommen. Sie hatten sich
gegenüber auf Steinen gesessen, ohne daß einer von ihnen
etwas gesagt hatte. Dark hatte völlig still dagesessen und auf den
Fluß geschaut, der im Mondlicht dahinfloß. Foss, der ihr
Gesicht beobachtet hatte, war sicher, daß ein Hauch von Schmerz
in ihrem Blick war. Später hatte sie sich erhoben und war in den
schwarzen Nachthimmel zu den Sternen fortgezogen. Er liebte Dark. Dark
und Liv waren die Geister der Sterne. Sie hatten derartig schwer
durchschaubare Kräfte, daß selbst die übrigen Geister
ihr Schaffen nicht erklären konnten. Sie sprachen nie
darüber. Sie waren in der Lage, viele Dinge vorauszusagen, und
ihre Weissagungen schlugen niemals fehl. Foss wußte, daß
auch Tumor versuchte, etwas über diese Kräfte herauszufinden;
er wußte von Nebel, daß die Menschen nach einem Weg zu
dieser Weissagungskraft suchten, die versteckt lag im gegenseitigen
Spiel der Kräfte der Sterne im kosmischen Raum. Foss
überlegte, was er von Darks sorgenvollem Blick halten sollte, bis
der Tag graute und die Sonne über der Welt aufging. Als die
Morgensonne sich über den Horizont hob, saß er immer noch in
derselben Stellung da. Sein Blick richtete sich stetig auf die Stelle
im Gehölz, wo Tumors Geistergestalt verschwunden war. Später,
als er nocheinmal seine Geistergestalt verlassen hatte, und mit dem
kraftlosen Strom durch die Stadt floß, fühlte er, daß
alles sich verändert hatte. Er war krank. Er zog durch alles, was
die Menschen in ihn hineinpumpten, anders konnte er nicht. Rauch von
Industrieschornsteinen trieb schwarz hinunter auf den Fluß - aber
es war das, was aus den Rohren unter der Erdoberfläche
hinausfloß, das drohte, ihn zu ersticken. Er horchte danach, wie
er nach Tumors Stimme gelauscht hatte. Er war nicht länger
imstande, solch ein Leben zu führen, aber er war gezwungen es zu
führen. Das in ihm, das lebendig gewesen war, das in ihm, das
Deers Seele hatte - war in ein fauligstinkendes Gift verwandelt worden,
das ihn schwächte. Ein Gift, das er mitsichführte, und das er
gezwungen sein würde, seinem großen Bruder Ozean
weiterzugeben. Auch seine lebensfrohe Schwester Gro, die auf dem Boden
dieses Deltas gelebt hatte, war vernichtet. Blasen von erstickenden
Gasen aus dem leblosen Schlamm, flossen langsam auf ihn zu.
Da hörte er das Brüllen seines Bruders Ozean, der in der
Ferne gegen den Kontinent hämmerte. Er wurde von einer kraftlosen
Freude durchrieselt, gepaart mit Bitterkeit, weil er sich in dieser
Verfassung zeigen mußte. Kurz darauf floß er tötlich
vergiftet in Ozeans Arme. Sein starker Bruder nahm ihn auf und gab ihm
Kraft. Auch der Geist der Luft erwartete ihn. Er hob ihn zur Sonne
empor, wo er ihn in seine Geistergestalt kleidete, damit er leben
konnte.